Geschichtchen

Graf Engelbert hat ein neues Zuhause

Viele Jahrzehnte stand die von dem renommierten Metallbildhauer K.T. Neumann aus Lüdenscheid geschaffene Skulptur von Stadtgründer Graf Engelbert III. von der Mark in der Altstatdt von Neuenrade, mitten in "seiner" Stadt, die auf sein Geheiß von 1353 bis 1355 als Grenzfeste zur Grafschaft Arnsberg gegründet wurde und die bereits am 25.07.1355 die Stadtrechte erhielt und bis heute behalten hat.

 

Im Zuge der Erneuerung des zentralen Platzes in der Altstadt, dem Bürgermeister Schmerbeck Platz, musste die Skulptur vom Grafen Engelbert zugunsten einer zeitgemäßen Neugestaltung leider "weichen". Da suchte er mit Hilfe der Bürgerstiftung Neuenrade ein neues "Zuhause" und hat es auch gefunden.

 

An der Südseite des zentralen Platzes "Am Wall" zwischen dem Friedenskreuz und dem wunderbaren Stadtmodell aus Bronze, mit dem Blick auf die tausendjährigen Eichen, die alte Gerichtslinde, die Kirche und die historische Altstadt, neben Rathaus, Schule und "Villa am Wall", da ist er hingezogen. Und sicher wird er sich dort wohl fühlen. Das Grundstück befindet sich im Eigentum der Stadt Neuenrade, die sich natürlich über diese Lösung auch gefreut hat. Und die Maßnahme passt zum Stiftungszweck der Bürgerstiftung Neuenrade. Die Bürgerstiftung hat die Kosten für den passenden Bruchsteinsockel übernommen und wurde dabei durch eine Förderung durch die Bezirksregierung in Arnsberg unterstützt. Ende gut. Alles gut.

Vor 78 Jahren - das Ende des Zweiten Weltkrieges in Neuenrade

Der 8. Mai 1945 war in Neuenrade der 12. April, als amerikanische Panzerverbände abends die Stadt erreichten.


Mit der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945 endete in Deutschland und Europa der Zweite Weltkrieg. In Potsdam, einen Tag vorher schon im französischen Reims, unterzeichneten damals die Vertreter des Oberkommandos der Deutschen Wehrmacht die Kapitulationsurkunde. Adolf Hitler hatte sich seiner Verantwortung am 30. April durch Selbstmord im Führerbunker in Berlin entzogen.


Der 8. Mai, in Rußland der 9. Mai, wird seitdem in den Staaten, die damals zu den Siegermächten gehörten, als Sieg über Hitlerdeutschland gefeiert. In Deutschland selbst ist die Erinnerung zunächst zwiespältiger gewesen. Erst seit einigen Jahren wird der 8. Mai als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus begangen und der Opfer des von Hitlerdeutschland begangenen Holocaust und des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieges gedacht.


Das Kriegsende und die damals insbesondere von den Millionen KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen und nach Deutschland verschleppten Zwangsarbeitern herbeigesehnte Befreiung fanden je nach dem Vorrücken der Militärverbände der Siegermächte bei der Eroberung und Besetzung Deutschlands in den einzelnen Orten zu unterschiedlichen Zeiten statt. 


Auch in Neuenrade gab es Kriegsgefangene und viele Zwangsarbeiter, die in Neuenrader Betrieben arbeiteten und in Barackenlagern lebten. Eine Gedenktafel auf dem Waldfriedhof am Kohlberg erinnert an Umgekommene. Einzelne der Überlebenden rächten sich in den ersten Tagen nach ihrer Befreiung an den Neuenradern.

Amerikanische Panzerverbände rückten in den Abendstunden am Donnerstag, 12. April, über Altenaffeln, Affeln und Küntrop in Neuenrade ein. Die Orte und Städte des Sauerlandes wurden im Rahmen des so genannten Ruhrkessels, der am 1. April geschlossen und dann immer mehr eingeschnürt wurde, erobert und besetzt. Resttruppen der Heeresgruppe B der deutschen Reichswehr und örtliche Vokssturmverbände leisteten noch sinnlosen und vergeblichen Widerstand und wurden nach und nach gefangen genommen.




Auch in Neuenrade gab es noch Widerstand, Schießereien und Tote unter dem Militär und der Zivilbevölkerung. Am Samstag, 7. April zerstörte ein Bombenabwurf der Amerikaner an der Ecke Dahler Straße/Erste Straße die Musikinstrumentenfabrik Heinrich Suhr und die angrenzende Villa Suhr. Eine ältere Frau kam dabei ums Leben. Heute steht auf dem Platz der Villa der so genannte Mäuseturm, das ehemalige Fabrikgelände ist der Parkplatz dahinter.


Das US-amerikanische Militär übernahm nach dem 12. April die Macht in Neuenrade und verhängte zunächst ein 48-stündiges Ausgehverbot . Die Nachkriegszeit in Neuenrade hatte begonnen.

Die gefangenen Soldaten und die Neuenrader Volkssturmleute wurden entwaffnet, die Soldaten und die nationalsozialistische politische Führung der Stadt von der amerikanischen Militärregierung verhaftet und in Lager abtransportiert. Unbelastete wurden als kommissarische Neuenrader Bürgermeister eingesetzt, zuerst Ernst Grosche, dann am 14.4. Alexander Klinke , später Alfred Steinbach.



Wie es die Absprachen der Siegermächte vorsahen, lösten wenige Wochen später britische Truppen die amerikanische Militärregierung in Neuenrade ab. Die Stadt gehörte zur britischen Besatzungszone. Unter den Briten erfolgten Entnazifizierung und Demokratisierung, der politische und wirtschaftliche Wiederaufbau.

H.R.

Oft gesehen - wenig beachtet!


In regelmäßiger Folge werden wir an dieser Stelle künftig Straßennamen, Denkmäler sowie historische Hinweisschilder und Gebäude erklären. 

Beginnen will ich mit der Eulengasse! Ihren Namen fand ich in einem kleinen Heftchen erklärt, das unter dem Titel „Oft gesehen –wenig beachtet“ 1949 erschienen ist.


Ja, wieso heißt die kleine Parallelstraße zur Ersten Straße eigentlich Eulengasse?

Die Eulengasse zweigt hinter der Evangelischen Kirche ab und führt kurz vor der Kreuzung am so genannten Mäuseturm wieder zur Ersten Straße. An der Straße liegen einige der ältesten Häuser der Stadt, die noch die charakteristische alte Bauweise aufweisen, die der Straße zugewandte Giebelwand. Zusammen mit dem Kirchturm haben sie viele Stadtbrände überlebt. Heute stehen einzelne leer und sind auch sehr baufällig geworden.
 
Heißt die Straße so, weil die Pastoren, die dort im Haus Eulengasse 3, heute Gemeindebüro der ev. Kirchengemeinde, gewohnt haben, Nachteulen waren?  Vor lauter Beten und Sorgen um die Seelen ihrer Gemeinde sind sie erst spätabends ins Bett gekommen?   Wäre doch ´ne Erklärung!


Oder ist die Straße nach den Nachtschwärmern benannt, die bis in die tiefe Nacht an Theke oder Stammtisch des früher beliebten Gasthofes „Zur Eule“ saßen?  Passt doch auch!


Stimmt aber beides nicht. „Ihren Namen“, so wusste der Verfasser des 1949 erschienenen Heftchens, hat die Straße erhalten, weil der Kirchturm in früheren Zeiten eine Nist- und Brutstätte der Eulen war.“  

Ist das heute eigentlich auch noch so? 


Die Poststraße ist durch die Diskussionen im Zuge der geplanten Erweiterung der Burggrundschule ins Gespräch gekommen. Es geht um das Fällen oder Nichtfällen von angrenzenden Bäumen.

Ja, wieso heißt die an der Ampelkreuzung rechts von der Werdohler Straße abzweigende Straße eigentlich Poststraße, mag sich da mancher gefragt haben. Und wieso heißt der frühere, heute leer stehende Gasthof an der Werdohler Straße 1 eigentlich Gasthof „Zur Post“? Denn nach einem Postgebäude sucht man da vergeblich.


Ältere wissen's noch. Nachdenkliche haben's geahnt und Neugierige im Neuenrade-Buch von Dieter Stievermann nachgelesen oder gegoogelt.

Genau an der Ecke Erste Straße – Poststraße gegenüber vom Gasthof, da stand mal ein Postgebäude. Es ist längst abgerissen.


Errichtet wurde es noch zu Kaisers Zeiten am Ende des 19. Jahrhunderts. Der damalige hauptamtliche Postmeister Josef Grosche erhielt 1895 die Genehmigung, dort einen Neubau zu errichten. Er verlegte damals nicht nur seinen Wohnsitz, sondern auch die kleine Neuenrader Poststelle aus seinem Haus in der Dritten Straße dorthin.


Das „Kaiserliche Postamt“, wie es damals hieß, wuchs mit dem zunehmenden Postaufkommen. Es überdauerte das Ende des Ersten Weltkrieges und des Kaiserreiches und war dort mit der schlichteren Bezeichnung „Postamt“ bis vor mehr als 30 Jahren eine wichtige Anlaufstelle für die Neuenrader und Neuenraderinnen. 


Nach dem Postamt wurde die Straße benannt. Sie wurde nach dem Abriss des Postgebäudes noch verbreitert. Die damals staatliche Deutsche Bundespost nutzte als Postamt dann das Gebäude in der Bahnhofstraße 22, in dem in diesem Jahr die Bäckerei Weiß eröffnet hat.

Der dem alten Postamt gegenüberliegende Gasthof, den später lange Jahre Wilhelm Dickehage betrieb, wurde zum „Gasthof zur Post“. Denn dort war die Neuenrader Station des Postkutschenverkehrs zwischen Balve und Werdohl.

Vor der Einweihung der Hönnetalbahn vor 110 Jahren gab es als öffentliches Verkehrsmittel nur die von Pferden gezogene Postkutsche. Sie beförderte nicht nur die noch wenige Postfracht, Briefe und Pakete, sondern auch Reisende. Die letzte Postkutschenfahrt nach Balve fand am 31.3.1912 statt. Die Postkutschenverbindung  nach Werdohl endete wenig später.

H.R.

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